22.01. Zusammen gekuschelt im Bett machen wir uns (mal wieder) Gedanken über den Winter. Wir haben unsere gewohnte Umgebung zu Hause aufgegeben und sind in die Welt hinaus gezogen. Nun wünschen wir uns gerade nichts so sehr wie diese Gemütlichkeit. Andererseits sind wir nach wie vor neugierig auf den weiteren Teil unsere Reise. Doch etwas leichter wünschen wir es uns. Müssen wir „härter“ werden? Ich glaube es ist besser zu seinen Schwächen zu stehen. Wir haben uns überlegt mit welchen Pflanzen wir uns am besten vergleichen können. Oliver meint er wäre eine Mimose. ? Ein störender Reiz und die Blätter falten sich zusammen. Bei mir ist es die Feige geworden. Kaum wird es kalt und die Sonne fehlt, da fallen die Blätter ab. Als Tiere ziehen wir gerne den Vergleich zu Eidechsen heran. Um richtig in Fahrt zu kommen, braucht es viiiel Wärme. Ich ziehe meinen Hut vor allen die mit solchen Bedingungen locker umgehen können. Wir waren wohl an mancher Stelle zu naiv und haben gedacht das geht schon, wir halten das aus. Diese Lektion haben wir gelernt.
Doch es geht weiter. Beschwingt machen wir uns auf’s Rad. Die Bewölkung ist nur locker und in der Ferne ist blauer Himmel zu sehen. Es soll noch ein wenig über die Berge gehen. Der Wind ist auch sofort zur Stelle. Wie die Tage zuvor, heißt es bergan schwitzen, bergab… Jacke an, Jacke aus, usw…
Die Wolkengrenze zum blau bleibt jedoch da, wo wir gerade nicht sind. Über uns bleibt es bedeckt und taucht die Landschaft in ein fahles Licht. Schade, denn die Umgebung sieht schön wild romantisch aus. Auffällig und eine willkommene Abwechslung zu den unzähligen Olivenbäumen sind die vielen Zypressen, die an den Hängen und Tälern wachsen. Ebenso mischen sich einige Laubbäume in das Bild. Wir durchqueren eine Hochebene hinter Kali Sikia und bekommen einen Blick auf das Lefka Ori-Massiv. Das größte zusammenhängende Bergmassiv auf Kreta. Die höchsten Gipfel verschwinden auch hier in den Wolken.
In Myriokefala in 590m Höhe wird es Zeit für eine Pause mit warmen Kaffee. An Händen und Füßen habe ich nur noch Eisbatzen. Oliver ergeht es ähnlich mit seinen Zehen. Durch das Schwitzen bergauf in den Schuhen mit der kühlen Luft dazu… Kurzer Hand erteilen wir der restlichen Bergstrecke eine Absage. Zumal sich die Aussicht in Grenzen halten würde. Die Strasse würde uns noch bis auf 1100m rauf bringen. Die Idee wild zu campen lassen wir lieber auch sausen. Und das müssten wir sonst irgendwo oben an der Strecke. Für mich geht es eingemummelt mit dicken Handschuhen und Kapuze über der Mütze talabwärts. Oliver hat eine Unterkunft an einem See in der Nähe der Nordküste gefunden. Nichts wie hin und auftauen. Obwohl es um die 9°C plus ist, zittern wir. Oliver meint, es hängt hier mit der Feuchtigkeit vom Meer zusammen. Die wenigen Sonnenstrahlen die wir heute abbekommen sind wie eine Offenbarung. Doch es reicht nicht um uns aufzuwärmen.
Trotz das es hauptsächlich bergab geht, kommen wir erschöpft in der Unterkunft an. Zum Stärken und Wärmen gibt’s für uns einen Raki auf’s Haus. ? Nach und nach erwachen alle Körperteile zum Leben.
23.01. Draußen bleibt es weiterhin grau und trüb. Das Zelt bleibt vorerst in der Tasche, denn die Wettervorhersage ist weniger schön. Wir hangeln uns erstmal von Unterkunft zu Unterkunft. Wenigstens ist es heute nicht so kalt. Der Wind hat sich auch gelegt. Es ist angenehm wenn es nicht ständig rauscht am Ohr. ?
Unterwegs höre ich Bienchen summen und die ersten Blüten und Knospen sprießen. Wenn es denn nur sonniger wäre. Eine sehr kurze Etappe soll uns an die Küste nach Almirida bringen. Als einzige Herausforderung des Tages, ist eine 370m Wand zu bewältigen auf wenigen Kilometern. Die hatte es in sich. Oben brauchte ich eine Futterpause. Das Frühstück war längst weg und das Loch im Bauch groß. Olivers Bauch grummelte auch schon wieder. Der Hunger hat in den letzten Tagen rapide zugenommen. Warum auch immer…? Unsere größten Fans beim Essen war natürlich eine Schaar Katzen, die es sich nicht nehmen ließ die Fisch- u. Frischkäsedose auszuschleckern. ?
Uns fällt auf, dass hier in dieser Ecke viele „Nicht-Kreterianer“ leben. Besonders viele Menschen sitzen in Autos, wo das Lenkrad auf der falschen Seite ist. Im Sommer herrscht sicher viel Gedränge auf den Strassen und Gassen der kleinen Ortschaften. Zur Zeit ist alles ruhiger. Wir beziehen ein kleines Zimmer mit Meerblick.