Von einem Gewitter oder Regenguss war am Abend oder in der Nacht weit und breit keine Spur. Wieder werden wir bei strahlendem Sonnenschein geweckt. Mit etwas müden Knochen, aber doch bestens gelaunt machen wir uns aus dem Bett. Pünktlich um 9 Uhr bekommen wir unser Frühstück serviert. Und was für eins!!! ? Von allem reichlich und sehr hübsch angerichtet. Besonders das Rüherei war super lecker! Da die Wirtin uns mit den Fahrrädern und dem schweren Gepäck gesehen hat, dachte sie wohl wir essen viel. ? Stimmt ja auch! Wir essen wie eine neunköpfige Raupe. Gut gestärkt bringen wir die Räder auf die Strecke. Oliver hat für heute eine Route gefunden die komplett abseits der großen Strassen verläuft.
Wir lassen uns einfach treiben – sofern das bei dem Gegenwind möglich ist. Größtenteils sind wir ganz alleine auf der Strasse. Das lässt Zeit die Seele baumeln zu lassen und die Natur ringsum zu genießen. Da sind die vielen blühenden und duftenden Fliederbüsche. Oder die Felder mit den gelben Blumen im Gras das duftende Kieferngehölz und natürlich die vielen Vögel mit ihrem gezwitscher. Eine schöne Ruhe die sich dabei ausbreitet. Ansonsten haben wir auch mal Platz uns während der Fahrt zu unterhalten. Das muss schließlich auch mal sein. ?
Wie gestern schon sammeln sich dicke schwarze Wolken am Himmel. Mancher Orts wo wir vorbei kommen sind die Strassen klatschnass. Wir können die meiste Zeit in der Sonne fahren und bekommen nur einmal kurz einen Schauer ab. Was dafür umso schwieriger ist in Polen, ist einen schönen Picknickplatz zu finden. Ich wollte nicht schon wieder in einer Bushaltestelle Pause machen. An oder bei Kirchen gibt es in Polen nur sehr selten Sitzmöglichkeiten. Wir entscheiden uns für ein hübsches Plätzchen Wiese hinter einem alten verlassenen Bauernhaus. Am Abend erreichen wir den südlichen Zipfel der Masuren und steuern den erstbesten Campingplatz an, der an der Strecke liegt. Versteckt hinter einem Dorf am See. Doch der große Campingplatz ist nicht geöffnet und der zweite kleine ist nur ein Biwakcamp. Auf dem großen Platz ist eine Dusche offen und es läuft warmes Wasser. Auf dem kleinen sind zwei Männer beim “arbeiten”. Wir werden freundlich begrüßt und Platz für unser Zelt ist genug. Als erstes bekommen wir Hänchenschenkel angeboten, die in einem Erdbackofen geschmorrt wurden. Sehr lecker und die Haut schön knusprig. Zum Spülen gibt es selbstgemachten Wein. Auch sehr gut. Verständigt haben wir uns mit einem Sprachkauderwelch aus Englisch, Polnisch und Deutsch. Ganz amüsant und es ging. Dann fix das Zelt aufbauen, duschen und Abendbrot machen. Während Oliver duschen war, wurde noch ein älterer Herr geholt. Dem gehört wohl dieser Platz. Jedenfalls wurde mir gesagt das eine Nacht 10 Zloty kostet. Erstmal nicht darauf reagieren. Dann kam Oliver vom Duschen wieder und meinte ein weiterer kräftiger Mann, welchem der große Platz gehöre, sagte wir dürfen sein Wasser nur verwenden, wenn wir unser Zelt auf seinem Platz aufstellen. Er erklärte es Oliver so: ”Ich Pole 1 (sein Finger auf seiner Brust) und da Pole 2 (deutet großen Bauch an). Pole 1 und Pole 2 “niet! Konkurrenzja!“ Usw… Das ging wohl noch eine Weile weiter. Oliver wollte es mit 10 Zloty „Schmiergeld“ für die Dusche und Wasser allgemein probieren. Aber wir sollen das Zelt unbedingt bei „Pole 1“ aufstellen. Doch unser Zelt stand ja bereits. Irgendwie schaffte es Oliver, dass er keine 10 Zloty Schmiergeld brauchte, wir aber für den Abend das Wasser und Dusche nutzen konnten. Bei dem älteren Herren (Pole 2!) haben wir die 10 Zloty zahlen müssen. Nur für was eigentlich?
Oliver hat die beiden älteren Herren noch ganz schön aus der Fassung gebracht, als er anfing das Essen zu machen und nicht ich. Dabei erklärte er ihnen, dass er gut kochen kann, dies gerne tut und das in Deutschland durchaus üblich ist. Und das in den meisten europäischen Ländern die besten Köche Männer sind. Jaja, die Landgesellen… Ich musste schmunzeln. Den uns angebotenen selbstgemachten Schnaps haben wir aber doch abgelehnt.
Irgendwann sind die drei schließlich weggefahren und wir waren ganz alleine auf dem Platz. Um uns herum nur alle möglichen Tiergeräusche. Ich wusste gar nicht das Frösche so laut sind und unerschöpflich die ganze Nacht quaken. Während Oliver noch am Essen arbeitete, sammelte ich etwas Holz für die Feuerstelle. So konnten wir an einem idyllischen Fleckchen bei Lagerfeuer Abendbrot essen. Später zum aufwaschen war die Dusche leider schon verschlossen und es gab kein Wasser mehr. So blieb nur der See. Da sahen wir einen dicken großen schwarzen Wurm! Iiih…und er machte seltsame peristaltische Bewegungen.
Zum Einschlafen hatte ich, warum auch immer, diesmal so meine Probleme. Vielleicht lag’s an den Umgebungsgeräuschen. Irgendein Tier hatte sich an unserer Mülltüte zu schaffen gemacht und wollte auch noch unters Zelt an die Vorräte. Das hat’s aber nur einmal gemacht. ? Trotzdem interessant wie intensiv die Geräusche so in der Nacht werden. Nachdem ich etwas Tagebuch geschrieben habe konnte ich in Olivers beschützenden Arm auch gut einschlafen.
Euer Frühstück war wirklich gut
Euer Hellmut