Seit drei Tagen und über 300km verändert sich die Landschaft gar nicht. Die Sonne brennt immer heißer und die Strecke bietet kaum Schatten. Es wird immer müßiger in die Pedale zu treten. Dazu weht uns ein heißer trockener Wind entgegen! Den überwiegenden Westwind werden wir wohl erst zu spüren bekommen, wenn wir wieder nach Westen fahren… Das mit dem Wind ist so eine unergründliche Sache, darüber werde ich die ganze Tour nicht schlau werden. Auch wenn das Thema für euch fleißige Leser langsam langweilig wird. Da wird die Größe des Landes recht deutlich. Naja, David hat uns bestätigt, das zwei Jahre für sein Heimatland nicht gereicht haben alles zu entdecken…
Bei Gegenwind und den sich hin und wieder einnistenden „Inneren Schweinehund“, stellt sich doch die Frage: „Was machen wir hier eigentlich.“ Das soll nun nicht negativ klingen. Doch zu erleben, wie weit man mit seinem Körper gehen kann ist sehr spannend. Die Eintönigkeit der Landschaft und die menschenleeren Gegenden, lassen uns hin und wieder in Trance ähnliche Zustände fallen.
26.08. Beim Zeltaufbau stellt Oliver fest, dass eine Steckverbindung im Gestänge sich gelöst hat. Eine Reparatur ist momentan nicht möglich.
27.08. Oliver hat mit Hilfe eines rostigen Draht-Kleiderbügel die lose Steckverbindung herausgeschoben und geklebt. Hoffentlich hält’s!
Der heißen Tagen und der eintönigen Landschaft wollen wir mit einer neuen Erfahrung begegnen und nehmen uns für den 28.08. eine Nachtradelfahrt vor. Ich bin auf die Erlebnisse und Gefühle ganz gespannt.
Den Tag verbringen wir mit rumgammeln und nichts tun. ? Eh es los geht besichtigen wir in Aulnay eine romanische Kirche aus dem 12. Jahrhundert. Diese ist seit 1998 Weltkulturerbe auf dem Jakobsweg in Frankreich. Sie steht noch weitestgehend unverändert da, auf einem altertümlichen Friedhof. Ein interessantes Ambiente. Danach trinken wir in Aulnay noch einen Kaffee und kommen dort mit zwei netten Iren in’s Gespräch. So verzögert sich die Abfahrt ein wenig.
Kurz vor Sonnenuntergang 20Uhr30 brechen wir auf. Es wird schnell dunkel und der wenige Verkehr wird noch weniger. Bald sind wir fast alleine unterwegs. Da wir vorwärts kommen wollen wählen wir eine große „rote“ Hauptstrasse. Diese verläuft in einem ständigem langen oder kurzen Auf und Ab. Im dunkeln sehr spannend. Unsere Scheinwerfer vorn sind ganz gut und da Oliver sich vom roten hellen Rücklicht geblendet fühlt fahren wir meist nebeneinander.
Die Wolken des Tages haben sich verzogen und einem beeindruckenden Sternhimmel Platz gemacht. Mars und Saturn leuchten hell am Himmel im Südwesten. Die Milchstrasse ist sehr gut zu sehen. Von den Feldern weht an manchen Stellen ein kalter Wind auf die Strasse. Viele unbekannte nächtliche Geräuche begleiten uns.
Der Anblick des Lichtermeeres einer Großstadt hat etwas sehr beruhigendes. Wir durchqueren Angoulême kurz nach halb drei, die Stadt schläft und wir sind auf.
Bis Mareuil schaffen wir es. Die Müdigkeit hat uns schließlich eingeholt. Kalt und feucht ist es geworden. Auf dem Zeltplatz in Mareuil stellen wir das Zelt auf. Um 5Uhr30 früh fallen wir in die Betten. Die Dämmerung zieht schon langsam herauf. Was für ein Erlebnis!
Mist, beim Zeltaufbau ist die äussere Stange durch die Spannung an der reparierten Stelle gerissen. Die Verbindung war wohl zu weit hineingerutscht. Irgendwie steht’s trotzdem erstmal. Ich verlass mich auf Olivers Ideen und Hoffnung zur Lösung.
Nach einer Mütze Schlaf und einem reichlichen Frühstück setzen wir uns doch nochmal auf die Räder. Gemütlich geht’s nach Brantôme. Unterwegs sehen wir einen Radladen. Dort kaufen wir neue Bremsbacken und Oliver erläutert unser Zeltstangenproblem und beide verhandeln die Lösung mit einer Schelle. Wir lassen unsere Zeltstange zur Reparatur und alles andere da. Nach einem Kaffee und Einkauf holen wir alles ab. Die Reparatur sieht gut aus. Wenn’s jetzt nicht hält…
Übrigens, die lange Nachtfahrt hat tatsächlich eine Veränderung der Landschaft mit sich gebracht. Wir sind im Department Dordogne in der Landschaft Périgord angekommen. Etwas nördlich von Périgueux gönnen wir uns einen wohlverdienten Tag Pause! Oliver wartet Ketten und Bremsen und ich schreibe im Blog. ?