Ich hab überlegt, ob ich heute überhaupt was schreiben will. Es wird im großen und ganzen ja doch wieder viel Gemaule werden. Aber doch, ich schreibe. Dieser Tag gehört dazu wie die anderen auch!
Der Blick aus dem Fenster zeigt dicke Wolken und Regen und ein kräftiger Wind heult um die Häuserecke. Also Decke über den Kopf ziehen und weiter schlafen. So schön das ist, aber wir wollen weiter. Meine Motivation für den Tag braucht einen langen Anlauf. Mein Thermometer zeigt 9°C… Temperaturen wie im März. Die dicken Sachen hatte ich schon nach unten in meiner Tasche verbannd. Nun wieder hervor damit. ?
Als wir die Sachen an die Räder hängen hört der Regen auf. Die Windrichtung sollten wir auch auf unserer Seite haben. Dann mal los. Zügig rollen wir aus der Stadt hinaus und treffen wenig später auf den einzigen groß angelegten Radweg Polens, die Green Velo Route. Immer parallel zur Strasse. Während sich die Strasse sehr gleichmäßige dahin schlängelt, ist der Radweg für sportliche Herausforderungen gebaut. Keine Senke und kein Hügel wurden ausgelassen. Die haben bei der Planung nicht an Reiseradler mit viel Gepäck gedacht. Dabei ein gleichmäßiges Tempo zu finden tendiert gegen null. Kurz rauf und wieder runter, das ist keineswegs was für Schaltfaule. Wir kurbeln bis Węgorzewo (deut. Angerburg) und wollen dort erstmal einen Kaffee trinken. Bei mir nagt auch wieder der Hunger. Wir finden ein kleines Lokal in dem wir uns aufwärmen können und die Räder gut im Blick haben. Kaffee und Mittagessen, welch dolle Kombination. Es schmeckt alles gut und gestärkt fahren wir weiter. Es sind nur noch 50km. Dauert also nicht mehr so lange… Ein wenig scheint nun auch die Sonne.
An einer Kreuzung biegt eine Strasse nach Norden ab und führt südlich entlang der russischen Grenze. Die andere – die Hauptstrasse führt geradewegs nach Gołdap. Oliver prüft in seinem Navi ob wir die nördliche Strasse fahren können. Nur geht da nicht draus hervor welche Beschaffenheit die Strasse hat. Durch nasse Sandwege zu eiern haben wir keine Lust. Anstatt auf seinen Bauch zu hören wählt Oliver die Münze, um entscheiden zu lassen wo wir lang fahren. Der Bauch sagt Hauptstasse fahren. Die Münze sagt, keine Sandwege und wir können oben rum fahren. Guten Mutes, die Strecke ist nur unwesentlich länger als die andere, fahren wir weiter. Bis zum letzten größeren Ort Ołownik ist die Strasse gut zu befahren. Danach ändert sich alles schlagartig. Viel weites Land, einsame alte Bauernhöfe und seeehr schlechte Strassen. Ein Stückchen Acker, grobes Kopfsteinplaster (wie an der Elbe) und große Platten, die auch sehr bucklig zueinander stehen. Ein geschüttle durch und durch. Die Nähe der Grenze ist deutlich spürbar. Im Wald wird auf Kameras hingewiesen und urplötzlich steht ein Militärfahrzeug und zwei Grenzbeamte vor uns. Natürlich wollen die unsere Pässe und wissen was wir hier treiben. Die Beamtin kann etwas englisch und so klappt die Verständigung ganz gut. Wir sagen ihr, wir fahren nach Gołdap und morgen nach Kaliningrad. Sie guckt ganz erstaunt, das wir diese Strecke wählen und warnt uns davor, dass die Strasse noch schlechter wird… Sie empfiehlt südlicher zurück nach Bani Mzurskie zu fahren und dort die Hauptstrasse zu nehmen. Über unser Vorhaben mit dem Rad durch Europa zu fahren kann sie nur erstaunt den Kopf schütteln. Und die Frage was wir bei Regen machen und deutet hinter uns zum Himmel, konnten wir nur mit einem Schulterzucken beantworten. Hinter uns ergoss sich derweile ein heftiger Regenschauer. Das Herz rutsche uns bei diesem Anblick aber doch in die Hose. Also schnell auf die Räder und fort. Kurze Zeit später waren wir klatschnass und wieder kalt. Vor uns lagen noch 30km. Die gute Laune war dahin. Temperaturen wie im März und regen wie im April… Irgendwie kamen wir in Gołdap an. Inzwischen waren wir fast steifgefrohren. Fix noch was einkaufen und eine Unterkunft suchen. Wir finden ein kleines Hotel, zum Glück nicht teuer und beziehen ein Zimmer. Der Schreck, das Zimmer ist kalt. Macht nichts, einfach Heizung aufdrehen. Als Oliver mit der letzten Fuhre Gepäck zurück kommt, hat er noch einige Decken mit dabei. Meinen fragenden Blick beantwortet er: „Die Heizung ist abgeschaltet. Es ist Sommer.“ Wir beginnen eine Eröterung darüber was Sommer ist…
Nach dem Essen und HEIß duschen fallen wir müde ins Bett. Dabei fragen wir uns, wie’s wohl mit der Reise weiter geht.
2 thoughts on “17.05. Tag 32 Polen – Masuren”
Liebe Maria, lieber Oliver,
Ihr habt es schwer. Im Internet haben wir gelesen, daß sich nordöstlich von Goldap die Rominter Heide ausbreitet. Der größte Teil liegt jetzt auf russischem Gebiet. Diese Landschaft gilt als eine der letzten Urwälder Europas. Da gebe es kaum Straßen und wenig Zivilisation aber verschiedene wilde Tiere. Wenn Ihr in dem sehr dünn besiedelten Gebiet eine Unterkunft findet, ist das schon gut. Wir wundern uns, daß Ihr von Ketrzyn nach Osten gefahren seid. Königsberg liegt doch nordwestlich.
Wir hoffen, daß Ihr all die harten Herausforderungen meistert und gesund bleibt.
Herzliche Grüße Oma und Opa
Hallo ihr beiden,
stimmt, wir sind in die falsche Richtung gefahren. Das war aber Absicht, dass wir den Grenzübergang bei Goldap gewählt haben. Wir wollen quasi länger durch’s Oblast radeln und für Reiseradler sind von Polen aus nur zwei Übergänge problemlos möglich bzw. erlaubt. Der bei Mamonowo ist stark belastet und die Abfertigung kann lange dauern. Die Landschaft hier „hinten“ ist wirklich unberührt und ursprünglich. Sehr schön! Liebe Grüße Maria & Oliver
Liebe Maria, lieber Oliver,
Ihr habt es schwer. Im Internet haben wir gelesen, daß sich nordöstlich von Goldap die Rominter Heide ausbreitet. Der größte Teil liegt jetzt auf russischem Gebiet. Diese Landschaft gilt als eine der letzten Urwälder Europas. Da gebe es kaum Straßen und wenig Zivilisation aber verschiedene wilde Tiere. Wenn Ihr in dem sehr dünn besiedelten Gebiet eine Unterkunft findet, ist das schon gut. Wir wundern uns, daß Ihr von Ketrzyn nach Osten gefahren seid. Königsberg liegt doch nordwestlich.
Wir hoffen, daß Ihr all die harten Herausforderungen meistert und gesund bleibt.
Herzliche Grüße Oma und Opa
Hallo ihr beiden,
stimmt, wir sind in die falsche Richtung gefahren. Das war aber Absicht, dass wir den Grenzübergang bei Goldap gewählt haben. Wir wollen quasi länger durch’s Oblast radeln und für Reiseradler sind von Polen aus nur zwei Übergänge problemlos möglich bzw. erlaubt. Der bei Mamonowo ist stark belastet und die Abfertigung kann lange dauern. Die Landschaft hier „hinten“ ist wirklich unberührt und ursprünglich. Sehr schön! Liebe Grüße Maria & Oliver