20.03. Fierzë Fähranleger – Shkodër 56km, Ø12,6km/h, 4:30h, Gesamt 15051km
21.03. Shkodër 0km, Gesamt 15051km
20.03. Beizeiten, 4Uhr30 klingelt uns der Wecker aus dem Schlaf. Der Wind hat nachgelassen und der Himmel ist über Nacht aufgeklart. Um sechs Uhr soll die Fähre nach Koman fahren. Wir packen in aller Ruhe zusammen und trinken einen Kaffee. Gespannt sind wir, wann hier was passiert. Tatsächlich kommt 10 vor 6 der Fährmann angefahren mit einem weiteren Fahrgast -ein Mönch. An Bord gehen schließlich noch zwei weitere deutsche Reisende. Um die frühe Uhrzeit ist es auf dem Wasser sehr frisch und zugig im engen Tal. Lange halten wir es draußen nicht aus. Ich wechsel immer mal zwischen drinnen und draußen um Fotos schießen zu können.
Hier ein paar Eindrücke vom Koman See:
Von Koman geht es mit dem Rad weiter gen Westen zur Küste. Der Drin leuchtet herrlich türkisgrün zwischen den dunklen Felsen hervor. Ein schöner Kontrast. Der Streckenverlauf ähnelt dem gestrigen, nur in geringerer Dimension. Im Schneckentempo geht es die sehr schlechte holprige Asphaltpiste hoch und runter. Mitunter fühlen sich unsere Beine an wie Pudding und wir gucken uns nur fragend an. Die gewohnte Muskelspannung in den Waden fehlt. Die Sonne scheint heute aus Leibeskräften und es wird schnell sehr warm. Erstmal die Klamotten am Leib darauf anpassen. Nach wie vor wirkt die Gegend sehr ruhig und verlassen. Die Landschaft wird dafür lieblicher mit Kiefernwäldern. Die jungen langen Nadeln leuchten satt grün in der Sonne. Überhaupt ist der Frühling in der Ebene schon recht weit. Viele Bäume und Sträucher zieren junge Blätter und Blüten.
Nach gut 30km legen wir eine Pause ein. Wir fühlen uns als währen wir wenigstens das Doppelte an Strecke gefahren. Was ist nur los mit uns? Die letzten 20km holpern wir zäh bis Shkodër. Auch prägt wieder ein Wechsel zwischen neu und alt das Bild. Viele neue bunte Häuser sprießen aus dem Boden. Dazwischen gibt es Felder für die Tiere, Esel und Kühe und ein Pferdefuhrwerk wackelt neben den dicken Autos über die Strasse. Von überall ertönt es „Hello! Where are you from?“ Meist sind es die Kinder die aufgeregt rufen und winken.
Wir sind in Shkodër ins knuffige Wander-Hostel eingezogen und wollen morgen einen Pausentag einschieben. Es sind noch einige Leke auszugeben. ? Mit Sonnenbrand auf der Nase und aufgefrischter brauner Farbe auf den Beinen sind wir in Shkodër angekommen. Wo ist die Sonnecreme wenn sie gebraucht wird? Gaaanz weit unten in meiner Tasche. Zeit diese griffbereit zu haben.
Nach dem Duschen und einem kleinen Stadtbummel, mit einem kleinen Eis, lassen wir uns das Abendbrot in einem Restaurant schmecken. Lecker gegrilltes Hänchenfilet, denn das geht im Campingkocher schlecht genauso zuzubereiten. ?Morgen werden wir uns die Stadt näher ansehen. Auf dem ersten Blick wirkt sie recht jung und modern. In der „Bar- und Restaurantgasse“, eine Fußgängerzone sind die Tische voll besetzt. Meist mit Männern. Von der großen Moschee gegenüber ertönt am Abend laut der Gesang des Muizzin. Das hat schon was geisterhaftes. Wir sehen aber niemanden beten.
21.03. Früh um 5 Uhr weckt uns der psychodelische schallende Gesang des Muizzin. Danach geht nur noch dösen und träumen. Den Tag lassen wir sehr ruhig angehen. Das Frühstück genießen wir im schattigen Innenhof des Hostels. Die Sonne strahlt heute kräftig von einem stahlblauen Himmel. Das Angebot zum Wäsche waschen lassen wir nicht ungenutzt. Währenddessen haben wir Zeit uns über unser nächstes Reiseland Montenegro schlau zu machen. Es wird sportlich werden, auch wenn wir die Berge im Innenland links bzw. rechts liegen lassen. Nach Albanien sind wir mit hohen Erwartungen gefahren. Es gibt noch sehr viel zu entdecken. Die junge Jahreszeit hat manche Region in einem noch tristen Licht gezeigt. Doch wir werden ein Land verlassen, das mehr Fragen aufwirft als es beantwortet. Das wichtigste für den jungen albanischen Mann ist das eigene neue Auto. Neben top Anziehsachen das Statussymbol. Es ist das Land mit der wohl größten Mercedes-Dichte weltweit!? Trotzdem ist die Arbeitslosigkeit sehr hoch, die Einkommen niedrig und wenig bis gar nix ist reguliert. Dafür ist Gastfreundlichkeit heilig. Wie das finanziell für die Menschen in den Städten funktioniert ist uns ein Rätsel. Das war aber auch schon in Italien und Griechenland so. So billig sind die Zigaretten und der Kaffee im Café hier für die Einheimischen auch nicht. Aber es wird konsequent viel davon konsumiert.
Zur Mittagszeit machen wir uns auf den Weg zu einem gemütlichen Stadtbummel. Versüßen tun wir uns das mit einer Waffel voll Eis. Die Stadt ist an vielen Stellen fein rausgeputzt und wirkt von allen bisher gesehen am „westlichsten“. Wie wir gelesen haben und auch sehen ist dies die Fahrrad-Hauptstadt des Landes. Jung und alt bewegt sich sehr viel mit dem Rad vorwärts. Zwischen den Autos und Fußgängern hindurch scheint es für niemanden Verkehrsregeln zu geben. Der Verkehr fließt entspannt chaotisch. An allen Ecken und Strassen gibt es Verkaufsstände, die überquellen mit Obst und Gemüse, Klamotten, Schuhen, Drogerieartikel und vieles mehr. Ein buntes durcheinander!
Zum Nachmittag setzten wir uns in ein Café und essen… noch ein Eis! ? Dabei können wir das rege Treiben auf den Strassen beobachten. Uns erweckt sich der Eindruck wiederholt, dass es in Albanien mehr Männer als Frauen gibt. In den Cafés sitzen fast ausschließlich junge Männer und auf den Strassen bewegen sich auch viele Grüppchen Männer.